Functional Training – Die eierlegende Wollmilchsau!?

Functional Training – Die eierlegende Wollmilchsau!?

Immer mehr Studiobetreiber setzen auf farbige Bänder, bunte Bälle, Sandsäcke und sonstige „Spielsachen“, die irgendwo auf der sogenannten Athletikfläche verteilt sind. Einige Sportler, meistens eher die erfahrenen unter den Mitgliedern, trauen sich an diese „bunte Versuchung“. Eher wenige sportaffine Damen versuchen sich ebenfalls an den doch teilweise sehr anspruchsvollen Übungen. Viele andere schauen eher skeptisch auf diesen Bereich oder werden von den Trainern mit den Worten empfangen: „Das ist funktionelles Training, das ist am Anfang noch nichts für dich.“ Wie Clubbetreiber Functional Training bestmöglich in ihren Club integrieren können, weiß body LIFE-Autor Marc Rohde.

Aber was ist funktionelles Training eigentlich? Wenn ich es in Kürze definieren sollte, was kaum möglich ist, würde ich sagen: „Beim funktionellen Training werden Muskelketten mit teilweise sehr komplexen Bewegungsabläufen trainiert, um diverse bedarfsorientierte Fähigkeiten zu erwerben. Es erfordert aufgrund sehr individueller Bedürfnisse der Teilnehmer eine präzise Trainingssteuerung.“ Die „alten Hasen“ der Szene, wie zum Beispiel Gray Cook, Mark Verstegen und Michael Boyle, definieren funktionelles Training ähnlich. Das in dem Zusammenhang sehr gern verwendete Wort „alltagsnah“ ersetze ich durch „bedarfsorientiert“. Man sollte genau hinschauen, was der Trainierende tatsächlich benötigt, um den aktuellen Status zu verbessern. Während ambitionierte Sportler ihre Athletik verbessern möchten, steht bei Senioren das Ziel im Vordergrund, ihre Mobilität und Selbstständigkeit zu erhalten. Genau diese unterschiedlichen Ziele müssen beim Aufbau der Kursstruktur beachtet werden.

Wäre dies ein Artikel, der die Trainingsarten und unterschiedlichen Methoden erläutern würde, müsste man noch deutlich tiefer in die Definition des funktionellen Trainings eintauchen. Hier geht es aber darum, zu erläutern, welche Faktoren den Aufbau einer funktionierenden Kursstruktur beeinflussen. Zu diesem Zweck kann man mit dieser Definition ausreichend arbeiten. Denn viele beschäftigen sich fälschlicherweise ausschließlich mit dem Wort „funktionell“ und vergessen dabei das Wort „Training“.

Training ist immer gezielt, geplant und systematisch. Schon allein diese Tatsache sorgt häufig für fragende Gesichter. Denn gerade beim Functional Training ist die Progression ein enorm wichtiger Faktor. Im Gegensatz zum klassischen isolierten Hypertrophietraining, in dem häufig „nur“ das Gewicht erhöht wird, können und müssen beim funktionellen Training alle Anforderungen gesteigert werden, um langfristig einen positiven Trainingseffekt zu haben. Es reicht also nicht, planlos die bunten Trainingsaccessoires auf der Trainingsfläche zu verteilen und die Kunden sich selbst zu überlassen. Wenn es das Ziel ist, langfristig Erfolg mit diesem Training zu haben, so sind ein Konzept und eine geplante Vorgehensweise unerlässlich.

Das sollten Studiobetreiber beachten

Durch meine Tätigkeit als Berater und Ausbilder stehe ich sehr häufig mit Clubbetreibern vor den neu eingerichteten Trainingsflächen. Die Begeisterung ist groß und der Aktionismus auch. Wenn es nun darum geht, den Functional-Training-Bereich zu eröffnen, tauchen regelmäßig folgende Fragen auf:

  • Welche Zielgruppen kann ich mit funktionellem Training erreichen?
  • Wie sollte die Kursstruktur aufgebaut sein und was gilt es dafür zu tun?
  • Wie und wo können die Trainer adäquat ausgebildet werden?

Diese Fragen müssen unbedingt im Vorfeld, also bevor die Functional-Training-Fläche eröffnet wird, beantwortet werden. Denn hinter einem gut geführten funktionellen Trainingsbereich steckt ein größerer Aufwand, als vielen Clubbetreibern bewusst ist.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht macht es am meisten Sinn, als Erstes eine Zielgruppendefinition vorzunehmen. Hierauf baut die gesamte weitere Vorgehensweise maßgeblich auf und entscheidet später auch über die Werbe- und Distributionskanäle (Aushänge im Studio, Flyer, persönliche Ansprache versus Facebook, Instagram und Apps). Folgende Fragen gilt es zu beantworten:

 

  • Wer sind meine Mitglieder (sortiert nach Altersgruppen, Sportarten, Zielen)?
  • Bietet mein Studio eher Kurse oder Flächentraining an?
  • In welchem Segment ist mein Studio positioniert und welche Möglichkeiten bieten die umliegenden Mitbewerber im Bereich des funktionellen Trainings?
  • Wie kann ein Mehrwert mit bestehenden Ressourcen geschaffen werden?
  • Welche neuen Zielgruppen können durch die Functional-Training-Fläche erreicht werden?
  • Wie kann durch das Angebot des funktionellen Trainings die eigene Marke gestärkt werden?

 

Das Angebot auf die Zielgruppe zuschneiden

Wie Sie sehen, müssen erst einmal eine Menge Fragen, die eigentlich zunächst nichts mit funktionellem Training zu tun haben, beantwortet werden. Nur so ist eine geplante und strukturierte Vorgehensweise möglich, um die Angebote sofort wirksam platzieren zu können. Um mit dem bereitgestellten Trainingsequipment Erfolg zu haben, müssen diverse Zielgruppen eines Studios angesprochen werden. Damit das gelingt, sind folgende To-dos notwendig:

  1. Charakterisierung Ihrer Hauptzielgruppen
  2. Erörterung von Bedürfnissen und Wünschen der Zielgruppen/Mitglieder
  3. Entwicklung zielgruppenrelevanter Kurse und Kursbezeichnungen

Neben diesen drei Punkten, die eine positive Betrachtung des Angebotes darstellen, sollten Clubbetreiber genauso viel über die Ängste der Zielgruppen wissen, um diese bei den Angeboten gar nicht erst zu schüren. Hierzu ein Beispiel: Die englische Sprache ist „cool“ und gerade durch den Sport schon sehr alltäglich geworden. Allerdings stellt sich die Frage, ob man mit Angeboten, die nicht verstanden werden, die entsprechende Zielgruppe erreicht. Gerade ältere Menschen finden Englisch eher abschreckend. Das Mitglied soll sich wohl, verstanden und aufgehoben fühlen; bei einer Sprachbarriere ist dies kaum möglich. Auf der anderen Seite sind die affinen Sportler sehr schnell von gesundheitsorientierten Kursbezeichnungen gelangweilt und nutzen lieber Wörter wie „WOD“ (Workout Of The Day), „AMRAP“ (As Many Rounds/Reps As Possible), und „EMOM“ (Each Minute On the Minute).

Auch in diesem Fall sollten die Clubverantwortlichen in der Lage sein, adäquat zu antworten und den Mitgliedern zu geben, was sie wollen.

 

Merke: Zuerst gilt es, die eigene Zielgruppe genau zu kennen, um dann für sie das perfekte Produkt entwerfen zu können!

Festlegung der Trainingsformate

 

Der zweite Schritt sollte nach der Zielgruppendefinition die Festlegung der geplanten Trainingsformate sein. Studiobetreiber müssen also entscheiden, wie das Functional Training angeboten werden soll. Folgende Möglichkeiten sind denkbar:

  1. Functional Training im Groupfitnessbereich
  2. High-Quality-Small-Group-Training
  3. Personal Training

Welches dieser Formate für das jeweilige Studio geeignet ist, lässt sich durch die unten aufgezählten Fragen ganz einfach beantworten. Über allem steht immer die Frage: Was soll durch das Angebot Functional Training eigentlich erreicht werden?

  • Ist es das Ziel, Abwechslung zu bieten?
  • Sollen die ausgelasteten Bereiche entlastet werden?
  • Sollen neue Zielgruppen erschlossen werden?
  • Ist es die Absicht, individuellere Beratung anzubieten?
  • Ist es der Wunsch, das Studio gleichmäßiger auszulasten?

Aus diesen Antworten lässt sich schon im Vorfeld eine hervorragende interne Positionierung vornehmen. Je präziser die Antworten formuliert und ausgearbeitet sind, desto besser kann darauf aufgebaut werden.

  1. Functional Training im Groupfitnessbereich

Wenn der Wunsch die Entlastung des überlasteten Kursraumes ist, bietet sich das Functional Training als hervorragende Alternative an. Hierbei spielt es übrigens keine Rolle, ob der Kurs nun „Athletic Training“ heißt oder „Funktionales Rückentraining“. Warum? Anscheinend lieben Ihre Kunden die Kursform „Groupfitness“ als solche. Sie mögen also Abwechslung, die Interaktion in der Gruppe und die Betreuung durch einen Trainer, der die Qualität bei den auszuführenden Bewegungen sicherstellt. Auch die hohe Trainingsvariabilität sowie die Untermalung durch Musik ist ein Thema. Folgende Vorteile bietet also diese Form der Groupfitness außerhalb des Kursraumes auf der Trainingsfläche:

  • große Anzahl an Trainierenden auf kleinem Raum (Entlastung der Kraftmaschinen und des Kursraumes),
  • effiziente Nutzung der vorhandenen Trainingsmittel und Bedingungen,
  • gute Coachingmöglichkeit durch die Trainer,
  • gewohnte Kursform und somit geringe Schwellenängste der Teilnehmer,
  • neue Kursteilnehmer, wie z.B. Kraftsportler, die ansonsten eher auf der Trainingsfläche trainieren, können gewonnen werden (Förderung der Gemeinschaft),
  • hoher Motivationsfaktor durch Gruppendynamik,
  • hoher Spaßfaktor,
  • die Kunden arbeiten als Multiplikator.

 

  1. High-Quality-Small-Group-Training

Laut einer Umfrage (NASM) empfinden Mitglieder das Training in einer Kleingruppe ebenso qualitativ hochwertig wie das absolute 1:1-Personal-Training. Hinter dieser Form des Kleingruppentrainings verbergen sich also ungeahnte Möglichkeiten für sämtliche Zielgruppen Ihres Studios. Durch die Bündelung der Teilnehmer können Sie ein hochqualitatives Angebot erzeugen, welches nur einen Bruchteil des Personal Trainings kostet und nahezu dieselben Effekte beim Kunden hervorruft. Folgende Vorteile ergeben sich:

  • hochwertige Betreuung,
  • individuelle Anpassung der Übungen, verschiedene Leistungslevel können in einer Gruppe trainieren,
  • hoher Aufmerksamkeitsfaktor pro Teilnehmer,
  • hohe Motivation,
  • überdurchschnittliche Erfolgserlebnisse und dadurch hoher intrinsischer Motivationsfaktor,
  • erhöhte Kontaktzahlen pro Woche,
  • Kunden arbeiten als Multiplikator,
  • bis zu 60% preiswerter als ein Personal Training (je nach Gruppengröße).

 

  1. Personal Training

Personal Training ist nach wie vor die exklusivste und effektivste Form des Trainings. Es ist individuell und in höchstem Maß variabel. Sie schaffen mit der Durchführung von Personal Training auf der Fläche aber auch neue Bedürfnisse. Das klassische „Will-ich-auch-Gefühl“ wirkt! Auch wenn sich ein Teil der Kunden das Personal Training nicht leisten will oder kann, so erregt der Personal Trainer, der mit dem Kunden die besonderen Übungen durchführt, Aufmerksamkeit. Die Vorteile des Personal Trainings:

  • höchster Aufmerksamkeitsfaktor,
  • zeitliche Flexibilität,
  • noch mehr Spaß und Motivation,
  • positive Aufladung der Trainerkompetenz,
  • höchste Trainingserfolge,
  • Kunden arbeiten als Multiplikator.

Es ist vollkommen egal, welche Art des Trainings schlussendlich für Ihr Studio das perfekte Angebot ist. Am Ende kommt es auf den Trainer und seine Fähigkeiten an; diese spalten sich in methodische und soziale Kompetenz. Neben dem Wissen über die Anatomie und Trainingslehre muss er die Fähigkeit besitzen, sich in die Mitglieder hineinzuversetzen und zu verstehen, welche Bedürfnisse vorhanden sind und wie er sie mit seinem Training am besten decken kann. Neben der Grundausbildung sollte der Trainer also Fähigkeiten in Methodik und Didaktik besitzen sowie sein Wissen mit Corrective Exercises vervollständigt haben – egal, ob er als Groupfitnesstrainer oder Personal Trainer tätig ist.

Eine große, internationale Fitnesskette geht als erste offiziell einen ganz neuen Weg. Nach Jahren der Suche nach den Trainern mit der höchsten Fachkompetenz, macht sich Equinox nun auf die Suche nach „Stagern“. Das sind Menschen, die es mit ihren sozialen Skills schaffen, eine Gruppe zu überzeugen und diese in ihren Bann zu ziehen.

 

Anmerkung: DIese Vorgehensweise halte ich für kleine Unternehmen für schwierig, da die nicht vorhandene Fachkompetenz zu wirtschaftlichen Engpässen führen könnte, wenn eben keine geeignete Anzahl von kompetenten Trainern vor Ort ist. Auf der anderen Seite ist es an der Zeit ein „anderes, alternatives Auswahlverfahren fernab spießiger Bewerbungsszenarien zu probieren. Lizenzen, Studiengänge und große Namen für kleine Ausbildungen sind vor Menschen nichts wert und reichen bei weitem nicht aus, um erfolgreich zu sein. Ein Sportwissenschaftler kann sehr wohl in einem Labor für die Forschung arbeiten, wenn er ein Nerd ist, allerdings hat vielleicht so eine qualifizierte Person im Studio als Trainer nichts verloren, selbst wenn er fachlich höher qualifiziert ist. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Ich behaupte, dass jeder Betreiber diese Probleme schon einmal in einem Mitarbeiter vorgefunden hat und somit genau weiß, wovon ich spreche!

Wenn Sie weitere Fragen zu einem alternativen Auswahlverfahren haben oder ich sie als Coach und Consultant in diesen Fragen oder bei Bewerbungen vor Ort beraten darf, freue ich mich auf ihre Nachricht unter info@boutique-gym.de

Marc Rohde

Elbsprint | Urban Training

Laut der Markt-Aktivitäten-Reichweiten-Studie (M-A-R-S) 2014/15 sind die Erwartungen von Mitgliedern an ein gutes Fitnessstudio mit über 54,2% an gute Trainingsanleitung bzw. gute Trainer geknüpft. Schon allein deswegen sollten Clubbetreiber großen Wert auf die kontinuierliche Fortbildung der Trainer legen. Nur durch gut geschulte Mitarbeiter ist es in Zukunft möglich, die immer stärker umworbenen Mitglieder langfristig an das Studio zu binden. Durch qualifizierte Trainer wird Folgendes erreicht:

  • Gut ausgebildete Trainer unterstützen die Gesundheit der Mitglieder.
  • Es gibt dem Trainer die Möglichkeit, zu einer Persönlichkeit zu reifen.
  • Gute und motivierte Trainer sichern den langfristigen Erfolg und erhöhen die Kundenbindung.
  • Immer mehr Studios werden für die Mitglieder zu einem Ort, an dem man nicht nur trainiert, sondern Freunde trifft. Stichwort „Socializing“.
  • Trainer werden als Kompetenz aufgebaut und „führen“ ihre Mitglieder durch das Studio.
  • Gut ausgebildete Trainer sind in der Lage, eine komplette Kursstruktur zu entwickeln und ohne externe Mehrkosten diesen Bereich zu entwickeln und zu leiten.
  • Gute Trainer wirken extrem authentisch und stärken die Marke des Studios.
  • Gute Trainer sind authentisch und Spezialisten auf ihrem Gebiet.

 

Fazit

Wenn Sie – aufbauend auf den Ergebnissen einer Zielgruppenanalyse – ein Produkt entwerfen, welches für Ihre Kursstrukturen einsetzbar ist, und Sie zudem Wert auf die Fortbildung Ihrer Trainer legen sowie eine modulare Kursstruktur einführen, steht dem Erfolg Ihres funktionellen Trainingsbereichs nichts mehr im Wege.

Viel Erfolg – und noch wichtiger: viel Spaß!

Best Ager – Zielgruppe mit hohem Zukunftspotenzial

Best Ager – Zielgruppe mit hohem Zukunftspotenzial

Damit klar ist, worum es in diesem Artikel geht, helfen vorweg ein paar Fakten: Die Generation 50+ macht mittlerweile ein Drittel der europäischen Bevölkerung aus. Sie legt Wert auf Gesundheit und interessiert sich für das digitale Zeitalter. Über 40 Prozent der Generation lieben Sport und betreiben diesen mindestens einmal pro Woche. Und sie suchen Angebote. Individuelle Angebote. Auf höchstem Niveau. Eine Boutique-Gym Nische? Nach diesem Artikel wissen sie mehr. Ganz sicher!1

Um die „Best Consumer“ noch prägnanter zu beschreiben, möchte ich dies anhand eines Beispiels tun, nämlich anhand meines Vaters Martin: Er stellt den typischen aktiven Senior dar. Finanziell hat er die Ressourcen, sein Leben in vollen Zügen zu genießen und zu entscheiden, womit er seine Zeit verbringt. Mein Vater liebt Sport. Er fährt zwei- bis dreimal pro Woche Rennrad, macht funktionelles Training, um seine sportlichen Leistungen zu verbessern, geht einmal in der Woche laufen und seine Klimmzüge werden auch immer besser. Er ist 69 Jahre alt, trinkt nicht und raucht nicht mehr und ernährt sich mittlerweile überwiegend vegetarisch. Er vermeidet Einfachzucker aller Art und kennt sich in Sachen gesunder Ernährung bestens aus.

Warum er das alles macht? Nicht, weil er es muss, sondern ganz einfach nur, weil es ihm Spaß macht. Zitat meines Vaters: „Ich weiß noch nicht mal, ob ich älter werde als die, die keinen Sport machen, aber hoffentlich kann ich mich bis zum letzten Tag selbst versorgen, meine Zeit bis zuletzt in vollen Zügen genießen und sie damit verbringen, worauf ich am meisten Lust habe.“

Und da sind wir auch schon bei der Antwort auf die Frage, warum die Generation 50+ Sport treibt und als Zielgruppe höchst interessant für den Fitnessmarkt ist. Diese Gruppe wird in den nächsten 20 bis 30 Jahren immer weiterwachsen und ist mit ihren finanziellen Möglichkeiten (siehe Abbildung) eine sehr interessante und lukrative Zielgruppe für Fitnessclubs.

Wie verhält sich die Zielgruppe?

Sie wählt ihr Umfeld mit Bedacht und umgibt sich dort gerne mit nachhaltigen Konzepten, Produkten und Dienstleistungen. Neben der Möglichkeit, den Sport indoor in einem Studio durchzuführen, ist sie für Zusatzangebote offen. Für Betreiber von Fitnessanlagen besonders interessant ist die Tatsache, dass diese Zielgruppe bereit ist, Bedürfnisse zu entwickeln, von denen sie vorher noch gar nicht wusste, dass sie diese hat.

Die Frequenz ihrer Besuche ist hoch – besonders am Vormittag – und sollte in diesem Rahmen gefördert und ausgebaut werden. Allerdings nicht nur mit therapeutischen Kursen und entsprechenden Bezeichnungen („Gesunder Rücken“, „Osteoporose Fit“, „Diabetes Gruppe“, etc.), sondern mit Kursen, die auf ein langes, aktives Leben vorbereiten, herausfordernd sind und die Fitness verbessern.

Die Best Ager bilden die Gruppe der treusten Kunden mit den wenigsten Buchungsrückläufern bzw. offenen Rechnungen. Gerne bringen sie bei persönlichem Erfolg und angenehmen Rahmenbedingungen Freunde und Familie mit in ihr Studio oder erzählen bei anderen Freizeitaktivitäten von ihrem tollen Trainer oder dem Kurs. Clubs können sich die offene und ehrliche Art der Kommunikation der Zielgruppe 50+ sehr wohl zunutze machen.

 

Wofür gibt die Zielgruppe ihr Geld aus?

Hoch im Kurs stehen Freizeitangebote, die zur Zielgruppe passen, Reisen, Mode, Ernährung sowie Investitionen in die Gesundheit allgemein. Prävention und alles unter dem Motto „Fit werden und bleiben“ ist den 50- bis 75-Jährigen wichtig und viel wert. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob sie Online- oder Offline-Angebote wahrnehmen. Die Zielgruppe ist mittlerweile in beiden Welten zu Hause. Um den Bogen zurück in die Fitnesswelt zu spannen: Barrierefreiheit und Bedienungsfreundlichkeit der Geräte und Konsolen stehen ebenso hoch im Kurs wie der Service und die Qualität der Betreuung.

Demografischer Wandel

Im Jahr 2050 werden die 65-Jährigen und älter die zahlenmäßig größte Altersgruppe darstellen. Ihr Bevölkerungsanteil steigt dann auf knapp 30 Prozent (ca. 30 Millionen). Zum Vergleich: 1960 lag der Anteil noch bei 10 Prozent. Aufgrund ihrer steigenden Zahl wird den Erwartungen der Generation 50+ ein immer größeres Gewicht beigemessen. Das rechtfertigt eine genauere Betrachtung der Silver Economy auch im Bereich Fitness und Gesundheit.

Die Märkte werden sich in den nächsten Jahren stark zugunsten älterer Verbraucher verändern müssen. Bei vielen Produktgruppen ist bereits heute fast die Hälfte aller Käufer 50+. Markterfolge werden immer mehr durch altersgerechte Produkte entschieden; sie werden uns deshalb in Zukunft immer häufiger begegnen. Besonders interessant: Aufgrund des generationsübergreifenden funktionalen Designs werden wir diese Art von Produkten häufig gar nicht als solche wahrnehmen.

 

Markenmacher müssen umdenken

In der Marketing- und Werbepraxis ist die Erkenntnis, dass „Best Consumer“ in der Kommunikation nicht vernachlässigt werden dürfen, bisher jedoch noch nicht ausreichend angekommen und umgesetzt. Laut einer Studie3 haben beispielsweise 65 Prozent aller 50- bis 59-Jährigen den Eindruck, dass sie als Zielgruppe von den Unternehmen nicht ausreichend gewürdigt werden. Auf die Frage nach den Gründen für diesen Eindruck kritisiert die Mehrheit, dass das Marketing nur selten ihr Lebensgefühl trifft. Ältere Menschen würden in der Werbung überwiegend nach althergebrachten Klischees dargestellt, die der Realität kaum mehr entsprechen. Mit diesem Blick auf diese Zielgruppe hilft es, in der Zukunft umzudenken und dazuzulernen.

Die Generation 50+ ist übrigens sehr erfahren im Umgang mit Medien, bestens informiert und weniger gutgläubig, als man landläufig glaubt. Man erreicht sie vor allem mit Werbebotschaften, die eines sind: authentisch und ehrlich.

Gesundheit“ ist das große Thema der 50- bis 75-jährigen Europäer im Allgemeinen. Möglichst lange gesund zu bleiben, hoffen sowohl die unter 35-Jährigen als auch die 60- bis 75-Jährigen. Mit steigendem Alter kommt das immer deutlicher zum Ausdruck. Für über 85 Prozent der Generation 50+ in Europa ist „Gesundheit“ der größte Wunsch.

 

Gesundheit auf allen Ebenen

Ihre Gesundheit lassen sie sich etwas kosten! Das Budget der Generation 50+ liegt gleichauf mit dem für Kleidung oder größere Anschaffungen.4 Neben Vorsorge und Therapie im eigentlichen Sinn achtet die Generation 50+ auch sehr bewusst auf gesundheitliche Auswirkungen ihres täglichen Konsums. Mehrere europäische Studien belegen, dass mehr als die Hälfte der Käufer von Körperpflegeprodukten, Mineralwasser und probiotisch angereicherten Joghurts aus dieser Altersgruppe stammt. Vor allem dank der Generation 50+ zählen funktionelle Nahrungsmittel mittlerweile zu den Wachstumsmotoren der Lebensmittelbranche. Nicht umsonst wird sie „Best Consumer“ genannt. Es gilt nun, sein Studio in puncto Hard Skills und Soft Skills darauf vorzubereiten. Es spricht vieles dafür, die Mitglieder dieser Gruppe zu pflegen und auszubauen.

Warum ist die Zielgruppe 50+ so interessant?

  1. Sie lässt überdurchschnittlich viel Geld im Studio, wenn die richtigen Angebote dafür vorhanden sind.
  2. Sie sorgt für eine familiäre Atmosphäre.
  3. Sie übernimmt Verantwortung.
  4. Sie ist ein zuverlässiger Beitragszahler.
  5. Sie agiert als „lebende Werbemaßnahme“ und bringt Familienmitglieder, Freunde und Bekannte mit.
  6. Sie ist der treueste Kunde, wenn sie richtig betreut wird.

 

Tipps, wie Clubbetreiber Best Ager gewinnen können:

Sprechen Sie die Sprache der Zielgruppe

Sprechen Sie die Sprache der Zielgruppe. Damit ist gemeint, dass Anglizismen in den zielgerichteten Kursen ein wenig einzudämmen sind und die Bedürfnisse und Wünsche in den Kursbezeichnungen die Zielgruppe ansprechen sollten.

Nutzen Sie die Bildsprache

Ändern Sie die Bildsprache in Ihren Kampagnen. 20-jährige Sportmodels und Muskelmänner ziehen diese Zielgruppe nicht an. Zeigen Sie auf, wer Ihre Zielgruppe sein soll!

Legen Sie Wert auf eine fundierte Ausbildung Ihrer Trainer

Die Trainer müssen auf die Zielgruppe vorbereitet sein und spezifischer ausgebildet werden, z.B. zum Thema „Diabetes“. Aktuell sind etwa 6,7 Millionen Menschen (alle Altersgruppen) in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankt (hinzukommen ca. 2 Millionen, bei denen es bisher noch nicht diagnostiziert wurde).5 Allein in der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen steigt laut wissenschaftlicher Vorhersage die Anzahl der Diabeteserkrankungen im Jahr 2010 von 2,4 Millionen bis 2030 auf ca. 3,9 Millionen Personen.2

Bieten Sie Angebote mit Zielvorgaben

Bieten Sie zielgerichtete Angebote (Skifahren, Golfworkout, Rennrad- und Triathlontraining …) und zeitlich begrenzte Kurse von 8 bis 10 Wochen mit einer Zielvorgabe. Die Best Ager werden immer zielgerichteter und das Ziel „zwei bis drei Kilo abnehmen“ reicht schon lange nicht mehr aus.

Überdenken Sie Ihre Kursbezeichnungen

Gehen Sie weg von Kursnamen wie „Seniorenfit“ hin zu „Golden Power“. Entwickeln Sie Namen, die positiv belegt sind, und setzen Sie diese auch mutig ein.

Nehmen Sie die Zielgruppe ernst

Wenn Sie die Zielgruppe ernst nehmen, werden auch Sie mit Ihrem ehrlichen Bestreben und Ihrem echten Interesse von ihr ernst genommen.

Setzen Sie auf Workshops und Ernährungsberatung

Gehen Sie weg vom Aufzählen aller Krankheiten und motivieren Sie die Zielgruppe 50+ zu einer aktiven Lebensführung unter „besonderen Umständen“. Mit Workshops zu zielgruppenrelevanten Themen durch speziell Ausgebildete schaffen Sie Vertrauen und signalisieren das Interesse an dieser Personengruppe.

Wer lesen kann ist klar im Vorteil

Verwenden Sie passende Schriftgrößen und gestalten Sie Ihre Aushänge und Kurspläne in ausreichend großer Schrift, damit sie auch ohne Brille gut lesbar sind.

Warum sind die Hanteln bunt?

Viele Trainierende fragen sich, warum die Hanteln unterschiedliche Farben haben. Dieser „Farbcode“ hilft den älteren Menschen, sich ohne Brille im Kursraum zurechtzufinden. Im besten Fall sind die Codes im Kurs- und Trainingsbereich übereinstimmend. Aus diesem Grund macht es auch Sinn, beide Systeme vom selben Hersteller zu kaufen.

Messbare Erfolge

Im Fokus der Best Ager ist häufig die „Gesundheit“ das bestimmende Thema und der Motivator. Die Körperfettmessung sollte z.B. um die HRV- und Stressmessung ergänzt werden. Ganzheitliche Ansätze und Testings sollten aufgenommen werden, um das Training und die Fortschritte zu dokumentieren.

Easy to use

Der Einsatz von leicht verstellbaren Gewichtsblöcken anstatt Plate-Loaded-Geräten ist zwingend. Niemand möchte Gewichtsplatten schleppen und diese auf- und abstecken. Ein Bereich mit komfortabel und einhändig zu bedienenden Gewichtsblöcken sowie digitalem Zähler erleichtert die Bedienung und lenkt den Fokus auf das Training.

Google liebt sie – vielleicht

Wenn Sie im Internet von der Zielgruppe erreicht werden wollen, denken Sie an eine Optimierung Ihrer SEO-Begriffe. Schreiben Sie redaktionelle Beiträge für Zeitschriften oder Internetseiten über die Gründe Ihres Angebotes und wen Sie damit erreichen wollen.

Ad was ?

Schalten Sie Adwords-Kampagnen auf Facebook. Andere Social-Media-Kanäle werden von dieser Zielgruppe eher nicht beachtet.

Fazit

Nicht weil sie muss, sondern weil sie will, ist diese Zielgruppe so aktiv. Sie ist fester Bestandteil der Gesellschaft und wird zahlenmäßig immer größer. Der alte, gebrechliche Rentner ist bereits lange Geschichte. Diese Gruppe an aktiven Menschen möchte gerne eine ebenso ehrliche wie auf Augenhöhe angesiedelte Angebotspalette vorfinden und nicht aufs Abstellgleis geschoben werden. Individuelle Angebote, Qualität und Ehrlichkeit sichern Ihnen diese Kundenzielgruppe. Es wird Zeit, sie voll zu integrieren und ein umfangreiches Feld an Best-Ager-Angeboten zu schaffen. Sie wird es Ihnen danken.

Marc Rohde

Marc Rohde ist Gründer der Elbsprint – Urban Sports |Coaching | Consulting. Zudem ist er Life Fitness Academy Senior Master Trainer, Business Coach Punk.

Infos: www.elbsprint.de; www.businesscoachpunk.com; www.marc-rohde.de

 

Literaturverzeichnis:

1 Studie Commerz Finanz GmbH in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen BIPE

 

2 Heidemann C, Du Y, Scheidt-Nave C (2011) Diabetes mellitus in Deutschland. GBE kompakt 2(3). Robert Koch-Institut (Hrsg), Berlin. www.rki.de/gbe-kompakt (Stand: 13.07.2015)

Brinks R, Tamayo T, Kowall B et al. (2012) Prevalence of type 2 diabetes in Germany in 2040: Estimates from an epidemiological model. Eur J Epidemiol 27(10):791 to 797

Schipf S, Werner A, Tamayo T et al. (2012) Regional differences in the prevalence of known Type 2 diabetes mellitus in 45 to 74 years old individuals: Results from six population-based studies in Germany (DIAB-CORE Consortium). Diabet Med. 29(7):e88 to e95

3 Gemeinschaftsstudie Zeitreise von der A.GE – Agentur für Generationenmarketing  und der rtv media group GmbH

4 Quelle: Eurostat

5 Quelle: Aktueller Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018

 

Foto: LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Boutique Studios – wie man den Trend für sich nutzen kann! Teil 2/2

 

Ziel dieses Artikels ist es, ein neues Geschäftsmodell näher zu beleuchten und daraus einen Guide zu entwickeln, der die praktische Umsetzung aufzeigt sowie den Nutzen des Trends „Boutique Studio“ für den Markt verdeutlicht.

Um alle Leser auf den gleichen Stand zu bringen, hier eine kurze Zusammenfassung der Fakten aus Teil 1 und gleichzeitig eine Liste, die als Checkliste zur Optimierung oder dem Abgleich der eigenen Idee helfen kann:

  • Boutique Studios sind Spezialisten auf ihrem Gebiet und haben eine klare Message.
  • Zeiteffizientes Training steht häufig im Vordergrund.
  • Effektives und intensives Training mit Erfolgsgarantie steht im Vordergrund.
  • Neue Konzepte mit zum Teil überraschenden Zusatzleistungen kennzeichnen die Boutique Studios.
  • In den Studios ist neueste digitale Technologie im Einsatz.
  • Das Training orientiert sich sehr stark an den Bedürfnissen der Mitglieder.
  • Boutique Studios sind so individuell, dass besondere Ziele erreicht werden können selbst von Zielgruppen, die diese in einem herkömmlichen Fitnessclub nicht realisieren könnten.
  • Die Konzepte können in kürzester Zeit angepasst und verfeinert oder komplett geändert werden (z.B. Tagestickets ohne Mitgliedschaften inklusive fester Leistungen).
  • Boutique Studios erzählen, verfolgen und verkaufen eine besondere Geschichte.
  • Individuelle Programme mit teilweise täglichen Änderungen sind fester Bestandteil.
  • In den Studios sind sehr häufig gut ausgebildete Trainer mit starker Persönlichkeit anzutreffen.
  • Trainer Aus- und -Fortbildungen gehören fest zur Boutique-Studio-Mentalität.
  • Der Aufbau einer Community ist ein tragender Pfeiler. Regelmäßige persönlichere Kontakte unter den Mitgliedern sind Standard.
  • Der Glaube an die übergeordnete Idee und das Verfolgen dieser Ideale schafft ein Zugehörigkeitsgefühl.
  • Das Erschließen neuer Zielgruppen ist stets im Fokus. Beim CrossFit z.B. wird Yoga und CrossFit, Boxen und CrossFit oder im Sommer sogar Schwimmen im offenen See und CrossFit miteinander kombiniert.
  • Bei der Konkurrenzanalyse des Marktes hilft es, sich von den konkurrierenden Studios mit einer Key Message abzuheben. Hierbei zählt der andere Ort, die andere Mentalität der Mitglieder z.B. mit Blick auf Entspannung, Leistung oder technische Verbesserung der Bewegung.
  • Challenges und Gamification sind fester Bestandteil in Boutique Studios. Auf der einen Seite wird hier gegeneinander angetreten und man wird gefordert, auf der anderen Seite spüren die Leute hier am eigenen Körper die Leistungssteigerung. Dies führt unweigerlich zu einer höheren Motivation.
  • Der Faktor der nachweislichen Leistungssteigerung ist ein Grundpfeiler. Regelmäßige Leistungstests, wie z.B. Cardio-, Lungenfunktions-, Mobilitäts- oder Maximalkrafttests, sind Standard.
  • Boutique-Studio-Ketten bieten zum Teil unterschiedliche Umgebungen mit dem gleichen Inhalt. Mal wird im dunklen Raum mit lauter DJ-Musik trainiert, in einem anderen Studio der gleichen Kette in einem CrossFit-ähnlichen Umfeld. Der gleiche Anbieter bindet so unterschiedliche Mitgliedertypen.

Boutique Studios – wie man den Trend für sich nutzen kann

 

Das sind viele Fakten, die alle kennzeichnend für Boutique Studios sind. Wahrscheinlich gibt es noch viele mehr. Mit den oben genannten Fakten lässt sich aber sehr gut erklären, was, wie und warum es Boutique Studios in den Markt geschafft haben.

Integration des Boutique-Studio-Charakters

Jetzt sollten wir uns mit den nächsten Schritten befassen: Wie können Personal Trainer oder Betreiber eines klassischen Fitnessclubs den Boutique-Studio-Trend nutzen und in ihr Angebot aufnehmen?

 

Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass Boutique Studios die Einrichtung klassischer Clubs extrem beeinflussen (werden). Die Flächen, die von den Mitgliedern gefordert werden, müssen sich verändern. Eine Functional-Training-Station in der Mitte der Trainingsfläche sorgt für ihre Belebung. Die geführten Kurse hauchen dem Studio Leben ein und die Mitglieder schätzen das gemeinsame Training. Durch die Variante des Smallgroup-Trainings erhalten Ihre Kunden auch im klassischen Club eine hohe Betreuungsintensität und durch die soziale Komponente betreiben Sie gleichzeitig Kundenbindung.

Die Integration dieser Functional-Training-Fläche kann als optisch abgegrenzter Bereich auf der bisherigen Fläche stattfinden oder den zweiten Kursraum, der ohnehin eventuell nicht mehr so stark ausgelastet ist, ersetzen. Hier sind meist alle Anforderungen an den Raum gegeben und es steht nur eine optische Überarbeitung an.

Gerade die bis vor wenigen Jahren sehr beliebten Multifunktionsanlagen mit Squashcourts haben eine sehr große Chance, den Boutique-Studio-Trend aufzugreifen. Man stelle sich beispielsweise vier ungenutzte Squashcourts vor, die man wie folgt nutzen könnte:

Court 1: Spinning Hell (Spinning Bikes und Workout)

Court 2: Psycho Circle (Functional Circle)

Court 3: Sprint Power (Laufbänder und Workout)

Court 4: Mobility und CrossFit

Schon ist das Studio um einen Trend reicher und das Boutique-Studio-Erlebnis bleibt im Haus. Zudem kann die (häufig) nicht mehr rentable Fläche der Squashcourts durch geringe Umbaumaßnahmen einen Mehrwert für die Mitglieder und den Betreiber schaffen.

 

Boutique Studios – wie man den Trend für sich nutzen kann

 

Wenn man jetzt noch einen Schritt weiter denkt, wäre es sogar möglich, diese vier Bereiche als Studiobetreiber auszustatten und gegen eine Nutzungsgebühr an selbstständige Trainer zu vermieten. So würde der Clubbetreiber neue Arbeitsplätze schaffen und das unternehmerische Risiko müsste der Mieter tragen. Was böse und unfair klingt, hat aber viel Gutes. Um einen erfahrenen Coach auszubilden und zu halten, ist viel Geld, Zeit und Know-how nötig. Einen erfahrenen Coach, der nach Weiterentwicklungsmöglichkeiten sucht, würde eine ihm gebotene Chance sicherlich sehr reizen und die Einsatz- und Identifikationsbereitschaft im eigenen Bereich wäre enorm. Gleichzeitig bekäme dieser Bereich ein Gesicht. Der selbstständige Trainer könnte eine neue Gruppe von Gleichgesinnten aufbauen und diese an das Studio binden. Gleichzeitig würde sich die Außendarstellung des Clubs positiv entwickeln und der neu geschaffene Bereich würde einen Werbeeffekt mit sich bringen. Neben den Kursstunden könnte dieser Bereich zudem für Schulungen des bestehenden Trainerteams genutzt werden.

 

Sowohl Betreiber als auch Trainer profitieren

 

Damit diese neue Trainingsfläche im Studio funktioniert, ist eine gewisse Eingewöhnungsphase erforderlich. Das Konzept muss bei den Mitgliedern etabliert werden, der Trainer muss die neue Situation adaptiert haben und das Studio muss voll in das Marketing eingestiegen sein. Nach ein bis drei Monaten sollte die Basis für den neuen Kundenstamm gelegt sein.

Der Studiobetreiber hat den Vorteil, dass er sich nur sehr wenig Gedanken um das Personalmanagement machen muss. Die anfallenden GEMA-Gebühren können über die monatliche Miete abgerechnet und Heiz- und Energiekosten anteilig berechnet werden. Zudem kann er ohne größeren Aufwand sein Angebot mit einem aktuellen Trend erweitern. Aber auch der Trainer profitiert: Er hat keine bzw. nur sehr geringe einmalige Investitionskosten und kann die monatlichen Gebühren auch noch als Ausgaben bei seiner Steuererklärung monatlich geltend machen. Zudem erhält er sofort einen Mitgliederstamm, aus dem er Gewinne erzielen kann.

 

Schnelles Handeln ist erforderlich

 

Die Umgestaltung der zur Verfügung stehenden oder zur Optimierung angedachten Flächen sollte schnell durchgeführt werden. Wenn wir uns die Bindungskraft der neuen Boutique Studios ansehen, bleiben die meisten Mitglieder dort, wo sie ihre Reise begonnen haben. Bereits neu orientierte Mitglieder zurückzugewinnen zieht meistens höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen mit sich, als bestehende Mitglieder zu halten. Ein zahlendes und zufriedenes Mitglied ist das Ziel aller Betreiber. Was dafür spricht, nicht nur in die Neukundenakquise zu investieren.

Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob diese „Boutique-Studio-Blase“ nicht irgendwann einmal platzt. Als Antwort darauf hier einige Fakten: Alleine in New York haben bis Mitte Februar 25 neue Boutique Studios eröffnet. Sie tragen so klangvolle Namen wie z.B. Switch Playground oder Rumble. Sie entern die Szene und haben direkt mit mehreren Clubs an unterschiedlichen Plätzen eröffnet. Ob dieses Tempo beibehalten wird, kann man nicht genau sagen – fest steht aber, dass die Kunden dieses Angebot verlangen. Es gibt auch noch keine wirklich verlässlichen Studien darüber, was mit diesem Boutique-Studio-Markt passieren wird, aber fest steht, dass die Kunden bereit sind, für 60-minütige Kurse mit speziellen Inhalten zwischen 15 und 30 Euro zu zahlen. Einige Entwicklungen lassen auch darauf schließen, dass dieser Markt weiterhin an Bedeutung gewinnen wird. Und wenn man sich die bisherigen Marktanteile anschaut, lassen sich Boutique Studios, ähnlich wie Functional Training, in Zukunft nicht einzig und allein als Trend darstellen, der wieder abflachen wird.

Klar kann man spekulieren, ob einige Anbieter den Markt wieder räumen müssen und ob, ähnlich wie bei den klassischen Studios, eine Aufsplittung zwischen Premium und Discounter stattfinden wird. Sicherlich werden die Boutique Studios mit klarer Aussage und spitzen Zielgruppen eher überleben als diejenigen, die sich ohne klare Aussage präsentieren und denen die Einzigartigkeit fehlt. 

 

Die „Hardware“ ist nicht das Entscheidende

 

Was jedoch alle am Markt in der Zukunft verstehen müssen, ist die Tatsache, dass allein die „Hardware“ nicht mehr ausreicht, um in der Zukunft erfolgreich zu sein. Diverse Anbieter bieten gute Fitnessgeräte an. Mittlerweile sind viele Studios in der Lage, sich mit Geräten sämtlicher Premiumanbieter auszustatten. Wenn die „Hardware“ überall dieselbe ist, muss der Unterschied in der „Software“ liegen. Es sind also die Trainer, ihre Ausbildungen und ihr Umgang mit den Mitgliedern sowie ihre Einstellung zu ihrem Beruf, die Studios einzigartig machen. Natürlich steht es außer Frage, dass die Basis ein gutes Wissen bildet. Doch darüber hinaus sollten wir über die Qualität und die Definition des Trainerberufes nachdenken: Weg vom durchtrainierten Modellathleten, der seine Passion zum Beruf gemacht hat, hin zum Trainer, der die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen erkennt, über soziale Kompetenzen verfügt, Empathie lebt und dafür sorgt, dass die Kunden ein einzigartiges Training erleben!

Wegen eines Trainingsgeräts im Studio wird also niemand seine Mitgliedschaft verlängern. Wegen eines Trainers, der das Selbstbewusstsein der Kunden steigert, schon! Wenn Mitglieder Bestandteil einer Community werden, ihre Selbstsicherheit im Umgang mit dem Sport gesteigert wird, ihr körperlicher Status sich verbessert und sie mehr Wissen und Sicherheit in ihrem Sport bekommen, ist die Chance sehr hoch, dass sie häufiger und regelmäßig im Studio sein werden.

 

Fazit

Die Besuche in einem Boutique Studio hinterlassen eine nachhaltige Wirkung. Genau das unterscheidet sie von den herkömmlichen Studios, wo diese besonderen Werte und Verhaltensweisen nicht geschätzt und gefördert werden. Und damit mich zum Abschluss niemand falsch versteht: Sehr viele Betreiber klassischer Clubs machen hervorragende Arbeit. Sie leben und lieben diesen Beruf – ebenso wie die Boutique-Studio-Betreiber. Jedes schlecht geführte und schlecht positionierte Boutique Studio wird auf Dauer genauso schließen müssen wie jedes schlechte klassische Studio. Denn die Mitglieder können mittlerweile sehr gut unterscheiden, was Qualität bedeutet.

Marc Rohde