Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass Boutique Studios die Einrichtung klassischer Clubs extrem beeinflussen (werden). Die Flächen, die von den Mitgliedern gefordert werden, müssen sich verändern. Eine Functional-Training-Station in der Mitte der Trainingsfläche sorgt für ihre Belebung. Die geführten Kurse hauchen dem Studio Leben ein und die Mitglieder schätzen das gemeinsame Training. Durch die Variante des Smallgroup-Trainings erhalten Ihre Kunden auch im klassischen Club eine hohe Betreuungsintensität und durch die soziale Komponente betreiben Sie gleichzeitig Kundenbindung.
Die Integration dieser Functional-Training-Fläche kann als optisch abgegrenzter Bereich auf der bisherigen Fläche stattfinden oder den zweiten Kursraum, der ohnehin eventuell nicht mehr so stark ausgelastet ist, ersetzen. Hier sind meist alle Anforderungen an den Raum gegeben und es steht nur eine optische Überarbeitung an.
Gerade die bis vor wenigen Jahren sehr beliebten Multifunktionsanlagen mit Squashcourts haben eine sehr große Chance, den Boutique-Studio-Trend aufzugreifen. Man stelle sich beispielsweise vier ungenutzte Squashcourts vor, die man wie folgt nutzen könnte:
Court 1: Spinning Hell (Spinning Bikes und Workout)
Court 2: Psycho Circle (Functional Circle)
Court 3: Sprint Power (Laufbänder und Workout)
Court 4: Mobility und CrossFit
Schon ist das Studio um einen Trend reicher und das Boutique-Studio-Erlebnis bleibt im Haus. Zudem kann die (häufig) nicht mehr rentable Fläche der Squashcourts durch geringe Umbaumaßnahmen einen Mehrwert für die Mitglieder und den Betreiber schaffen.
Boutique Studios – wie man den Trend für sich nutzen kann
Wenn man jetzt noch einen Schritt weiter denkt, wäre es sogar möglich, diese vier Bereiche als Studiobetreiber auszustatten und gegen eine Nutzungsgebühr an selbstständige Trainer zu vermieten. So würde der Clubbetreiber neue Arbeitsplätze schaffen und das unternehmerische Risiko müsste der Mieter tragen. Was böse und unfair klingt, hat aber viel Gutes. Um einen erfahrenen Coach auszubilden und zu halten, ist viel Geld, Zeit und Know-how nötig. Einen erfahrenen Coach, der nach Weiterentwicklungsmöglichkeiten sucht, würde eine ihm gebotene Chance sicherlich sehr reizen und die Einsatz- und Identifikationsbereitschaft im eigenen Bereich wäre enorm. Gleichzeitig bekäme dieser Bereich ein Gesicht. Der selbstständige Trainer könnte eine neue Gruppe von Gleichgesinnten aufbauen und diese an das Studio binden. Gleichzeitig würde sich die Außendarstellung des Clubs positiv entwickeln und der neu geschaffene Bereich würde einen Werbeeffekt mit sich bringen. Neben den Kursstunden könnte dieser Bereich zudem für Schulungen des bestehenden Trainerteams genutzt werden.
Sowohl Betreiber als auch Trainer profitieren
Damit diese neue Trainingsfläche im Studio funktioniert, ist eine gewisse Eingewöhnungsphase erforderlich. Das Konzept muss bei den Mitgliedern etabliert werden, der Trainer muss die neue Situation adaptiert haben und das Studio muss voll in das Marketing eingestiegen sein. Nach ein bis drei Monaten sollte die Basis für den neuen Kundenstamm gelegt sein.
Der Studiobetreiber hat den Vorteil, dass er sich nur sehr wenig Gedanken um das Personalmanagement machen muss. Die anfallenden GEMA-Gebühren können über die monatliche Miete abgerechnet und Heiz- und Energiekosten anteilig berechnet werden. Zudem kann er ohne größeren Aufwand sein Angebot mit einem aktuellen Trend erweitern. Aber auch der Trainer profitiert: Er hat keine bzw. nur sehr geringe einmalige Investitionskosten und kann die monatlichen Gebühren auch noch als Ausgaben bei seiner Steuererklärung monatlich geltend machen. Zudem erhält er sofort einen Mitgliederstamm, aus dem er Gewinne erzielen kann.
Schnelles Handeln ist erforderlich
Die Umgestaltung der zur Verfügung stehenden oder zur Optimierung angedachten Flächen sollte schnell durchgeführt werden. Wenn wir uns die Bindungskraft der neuen Boutique Studios ansehen, bleiben die meisten Mitglieder dort, wo sie ihre Reise begonnen haben. Bereits neu orientierte Mitglieder zurückzugewinnen zieht meistens höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen mit sich, als bestehende Mitglieder zu halten. Ein zahlendes und zufriedenes Mitglied ist das Ziel aller Betreiber. Was dafür spricht, nicht nur in die Neukundenakquise zu investieren.
Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob diese „Boutique-Studio-Blase“ nicht irgendwann einmal platzt. Als Antwort darauf hier einige Fakten: Alleine in New York haben bis Mitte Februar 25 neue Boutique Studios eröffnet. Sie tragen so klangvolle Namen wie z.B. Switch Playground oder Rumble. Sie entern die Szene und haben direkt mit mehreren Clubs an unterschiedlichen Plätzen eröffnet. Ob dieses Tempo beibehalten wird, kann man nicht genau sagen – fest steht aber, dass die Kunden dieses Angebot verlangen. Es gibt auch noch keine wirklich verlässlichen Studien darüber, was mit diesem Boutique-Studio-Markt passieren wird, aber fest steht, dass die Kunden bereit sind, für 60-minütige Kurse mit speziellen Inhalten zwischen 15 und 30 Euro zu zahlen. Einige Entwicklungen lassen auch darauf schließen, dass dieser Markt weiterhin an Bedeutung gewinnen wird. Und wenn man sich die bisherigen Marktanteile anschaut, lassen sich Boutique Studios, ähnlich wie Functional Training, in Zukunft nicht einzig und allein als Trend darstellen, der wieder abflachen wird.
Klar kann man spekulieren, ob einige Anbieter den Markt wieder räumen müssen und ob, ähnlich wie bei den klassischen Studios, eine Aufsplittung zwischen Premium und Discounter stattfinden wird. Sicherlich werden die Boutique Studios mit klarer Aussage und spitzen Zielgruppen eher überleben als diejenigen, die sich ohne klare Aussage präsentieren und denen die Einzigartigkeit fehlt.
Die „Hardware“ ist nicht das Entscheidende
Was jedoch alle am Markt in der Zukunft verstehen müssen, ist die Tatsache, dass allein die „Hardware“ nicht mehr ausreicht, um in der Zukunft erfolgreich zu sein. Diverse Anbieter bieten gute Fitnessgeräte an. Mittlerweile sind viele Studios in der Lage, sich mit Geräten sämtlicher Premiumanbieter auszustatten. Wenn die „Hardware“ überall dieselbe ist, muss der Unterschied in der „Software“ liegen. Es sind also die Trainer, ihre Ausbildungen und ihr Umgang mit den Mitgliedern sowie ihre Einstellung zu ihrem Beruf, die Studios einzigartig machen. Natürlich steht es außer Frage, dass die Basis ein gutes Wissen bildet. Doch darüber hinaus sollten wir über die Qualität und die Definition des Trainerberufes nachdenken: Weg vom durchtrainierten Modellathleten, der seine Passion zum Beruf gemacht hat, hin zum Trainer, der die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen erkennt, über soziale Kompetenzen verfügt, Empathie lebt und dafür sorgt, dass die Kunden ein einzigartiges Training erleben!
Wegen eines Trainingsgeräts im Studio wird also niemand seine Mitgliedschaft verlängern. Wegen eines Trainers, der das Selbstbewusstsein der Kunden steigert, schon! Wenn Mitglieder Bestandteil einer Community werden, ihre Selbstsicherheit im Umgang mit dem Sport gesteigert wird, ihr körperlicher Status sich verbessert und sie mehr Wissen und Sicherheit in ihrem Sport bekommen, ist die Chance sehr hoch, dass sie häufiger und regelmäßig im Studio sein werden.
Fazit
Die Besuche in einem Boutique Studio hinterlassen eine nachhaltige Wirkung. Genau das unterscheidet sie von den herkömmlichen Studios, wo diese besonderen Werte und Verhaltensweisen nicht geschätzt und gefördert werden. Und damit mich zum Abschluss niemand falsch versteht: Sehr viele Betreiber klassischer Clubs machen hervorragende Arbeit. Sie leben und lieben diesen Beruf – ebenso wie die Boutique-Studio-Betreiber. Jedes schlecht geführte und schlecht positionierte Boutique Studio wird auf Dauer genauso schließen müssen wie jedes schlechte klassische Studio. Denn die Mitglieder können mittlerweile sehr gut unterscheiden, was Qualität bedeutet.
Marc Rohde
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