Best Ager – Zielgruppe mit hohem Zukunftspotenzial
Damit klar ist, worum es in diesem Artikel geht, helfen vorweg ein paar Fakten: Die Generation 50+ macht mittlerweile ein Drittel der europäischen Bevölkerung aus. Sie legt Wert auf Gesundheit und interessiert sich für das digitale Zeitalter. Über 40 Prozent der Generation lieben Sport und betreiben diesen mindestens einmal pro Woche. Und sie suchen Angebote. Individuelle Angebote. Auf höchstem Niveau. Eine Boutique-Gym Nische? Nach diesem Artikel wissen sie mehr. Ganz sicher!1
Um die „Best Consumer“ noch prägnanter zu beschreiben, möchte ich dies anhand eines Beispiels tun, nämlich anhand meines Vaters Martin: Er stellt den typischen aktiven Senior dar. Finanziell hat er die Ressourcen, sein Leben in vollen Zügen zu genießen und zu entscheiden, womit er seine Zeit verbringt. Mein Vater liebt Sport. Er fährt zwei- bis dreimal pro Woche Rennrad, macht funktionelles Training, um seine sportlichen Leistungen zu verbessern, geht einmal in der Woche laufen und seine Klimmzüge werden auch immer besser. Er ist 69 Jahre alt, trinkt nicht und raucht nicht mehr und ernährt sich mittlerweile überwiegend vegetarisch. Er vermeidet Einfachzucker aller Art und kennt sich in Sachen gesunder Ernährung bestens aus.
Warum er das alles macht? Nicht, weil er es muss, sondern ganz einfach nur, weil es ihm Spaß macht. Zitat meines Vaters: „Ich weiß noch nicht mal, ob ich älter werde als die, die keinen Sport machen, aber hoffentlich kann ich mich bis zum letzten Tag selbst versorgen, meine Zeit bis zuletzt in vollen Zügen genießen und sie damit verbringen, worauf ich am meisten Lust habe.“
Und da sind wir auch schon bei der Antwort auf die Frage, warum die Generation 50+ Sport treibt und als Zielgruppe höchst interessant für den Fitnessmarkt ist. Diese Gruppe wird in den nächsten 20 bis 30 Jahren immer weiterwachsen und ist mit ihren finanziellen Möglichkeiten (siehe Abbildung) eine sehr interessante und lukrative Zielgruppe für Fitnessclubs.
Wie verhält sich die Zielgruppe?
Sie wählt ihr Umfeld mit Bedacht und umgibt sich dort gerne mit nachhaltigen Konzepten, Produkten und Dienstleistungen. Neben der Möglichkeit, den Sport indoor in einem Studio durchzuführen, ist sie für Zusatzangebote offen. Für Betreiber von Fitnessanlagen besonders interessant ist die Tatsache, dass diese Zielgruppe bereit ist, Bedürfnisse zu entwickeln, von denen sie vorher noch gar nicht wusste, dass sie diese hat.
Die Frequenz ihrer Besuche ist hoch – besonders am Vormittag – und sollte in diesem Rahmen gefördert und ausgebaut werden. Allerdings nicht nur mit therapeutischen Kursen und entsprechenden Bezeichnungen („Gesunder Rücken“, „Osteoporose Fit“, „Diabetes Gruppe“, etc.), sondern mit Kursen, die auf ein langes, aktives Leben vorbereiten, herausfordernd sind und die Fitness verbessern.
Die Best Ager bilden die Gruppe der treusten Kunden mit den wenigsten Buchungsrückläufern bzw. offenen Rechnungen. Gerne bringen sie bei persönlichem Erfolg und angenehmen Rahmenbedingungen Freunde und Familie mit in ihr Studio oder erzählen bei anderen Freizeitaktivitäten von ihrem tollen Trainer oder dem Kurs. Clubs können sich die offene und ehrliche Art der Kommunikation der Zielgruppe 50+ sehr wohl zunutze machen.
Wofür gibt die Zielgruppe ihr Geld aus?
Hoch im Kurs stehen Freizeitangebote, die zur Zielgruppe passen, Reisen, Mode, Ernährung sowie Investitionen in die Gesundheit allgemein. Prävention und alles unter dem Motto „Fit werden und bleiben“ ist den 50- bis 75-Jährigen wichtig und viel wert. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob sie Online- oder Offline-Angebote wahrnehmen. Die Zielgruppe ist mittlerweile in beiden Welten zu Hause. Um den Bogen zurück in die Fitnesswelt zu spannen: Barrierefreiheit und Bedienungsfreundlichkeit der Geräte und Konsolen stehen ebenso hoch im Kurs wie der Service und die Qualität der Betreuung.
Demografischer Wandel
Im Jahr 2050 werden die 65-Jährigen und älter die zahlenmäßig größte Altersgruppe darstellen. Ihr Bevölkerungsanteil steigt dann auf knapp 30 Prozent (ca. 30 Millionen). Zum Vergleich: 1960 lag der Anteil noch bei 10 Prozent. Aufgrund ihrer steigenden Zahl wird den Erwartungen der Generation 50+ ein immer größeres Gewicht beigemessen. Das rechtfertigt eine genauere Betrachtung der Silver Economy auch im Bereich Fitness und Gesundheit.
Die Märkte werden sich in den nächsten Jahren stark zugunsten älterer Verbraucher verändern müssen. Bei vielen Produktgruppen ist bereits heute fast die Hälfte aller Käufer 50+. Markterfolge werden immer mehr durch altersgerechte Produkte entschieden; sie werden uns deshalb in Zukunft immer häufiger begegnen. Besonders interessant: Aufgrund des generationsübergreifenden funktionalen Designs werden wir diese Art von Produkten häufig gar nicht als solche wahrnehmen.
Markenmacher müssen umdenken
In der Marketing- und Werbepraxis ist die Erkenntnis, dass „Best Consumer“ in der Kommunikation nicht vernachlässigt werden dürfen, bisher jedoch noch nicht ausreichend angekommen und umgesetzt. Laut einer Studie3 haben beispielsweise 65 Prozent aller 50- bis 59-Jährigen den Eindruck, dass sie als Zielgruppe von den Unternehmen nicht ausreichend gewürdigt werden. Auf die Frage nach den Gründen für diesen Eindruck kritisiert die Mehrheit, dass das Marketing nur selten ihr Lebensgefühl trifft. Ältere Menschen würden in der Werbung überwiegend nach althergebrachten Klischees dargestellt, die der Realität kaum mehr entsprechen. Mit diesem Blick auf diese Zielgruppe hilft es, in der Zukunft umzudenken und dazuzulernen.
Die Generation 50+ ist übrigens sehr erfahren im Umgang mit Medien, bestens informiert und weniger gutgläubig, als man landläufig glaubt. Man erreicht sie vor allem mit Werbebotschaften, die eines sind: authentisch und ehrlich.
„Gesundheit“ ist das große Thema der 50- bis 75-jährigen Europäer im Allgemeinen. Möglichst lange gesund zu bleiben, hoffen sowohl die unter 35-Jährigen als auch die 60- bis 75-Jährigen. Mit steigendem Alter kommt das immer deutlicher zum Ausdruck. Für über 85 Prozent der Generation 50+ in Europa ist „Gesundheit“ der größte Wunsch.
Gesundheit auf allen Ebenen
Ihre Gesundheit lassen sie sich etwas kosten! Das Budget der Generation 50+ liegt gleichauf mit dem für Kleidung oder größere Anschaffungen.4 Neben Vorsorge und Therapie im eigentlichen Sinn achtet die Generation 50+ auch sehr bewusst auf gesundheitliche Auswirkungen ihres täglichen Konsums. Mehrere europäische Studien belegen, dass mehr als die Hälfte der Käufer von Körperpflegeprodukten, Mineralwasser und probiotisch angereicherten Joghurts aus dieser Altersgruppe stammt. Vor allem dank der Generation 50+ zählen funktionelle Nahrungsmittel mittlerweile zu den Wachstumsmotoren der Lebensmittelbranche. Nicht umsonst wird sie „Best Consumer“ genannt. Es gilt nun, sein Studio in puncto Hard Skills und Soft Skills darauf vorzubereiten. Es spricht vieles dafür, die Mitglieder dieser Gruppe zu pflegen und auszubauen.
Warum ist die Zielgruppe 50+ so interessant?
- Sie lässt überdurchschnittlich viel Geld im Studio, wenn die richtigen Angebote dafür vorhanden sind.
- Sie sorgt für eine familiäre Atmosphäre.
- Sie übernimmt Verantwortung.
- Sie ist ein zuverlässiger Beitragszahler.
- Sie agiert als „lebende Werbemaßnahme“ und bringt Familienmitglieder, Freunde und Bekannte mit.
- Sie ist der treueste Kunde, wenn sie richtig betreut wird.
Tipps, wie Clubbetreiber Best Ager gewinnen können:
Sprechen Sie die Sprache der Zielgruppe
Sprechen Sie die Sprache der Zielgruppe. Damit ist gemeint, dass Anglizismen in den zielgerichteten Kursen ein wenig einzudämmen sind und die Bedürfnisse und Wünsche in den Kursbezeichnungen die Zielgruppe ansprechen sollten.
Nutzen Sie die Bildsprache
Ändern Sie die Bildsprache in Ihren Kampagnen. 20-jährige Sportmodels und Muskelmänner ziehen diese Zielgruppe nicht an. Zeigen Sie auf, wer Ihre Zielgruppe sein soll!
Legen Sie Wert auf eine fundierte Ausbildung Ihrer Trainer
Die Trainer müssen auf die Zielgruppe vorbereitet sein und spezifischer ausgebildet werden, z.B. zum Thema „Diabetes“. Aktuell sind etwa 6,7 Millionen Menschen (alle Altersgruppen) in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankt (hinzukommen ca. 2 Millionen, bei denen es bisher noch nicht diagnostiziert wurde).5 Allein in der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen steigt laut wissenschaftlicher Vorhersage die Anzahl der Diabeteserkrankungen im Jahr 2010 von 2,4 Millionen bis 2030 auf ca. 3,9 Millionen Personen.2
Bieten Sie Angebote mit Zielvorgaben
Bieten Sie zielgerichtete Angebote (Skifahren, Golfworkout, Rennrad- und Triathlontraining …) und zeitlich begrenzte Kurse von 8 bis 10 Wochen mit einer Zielvorgabe. Die Best Ager werden immer zielgerichteter und das Ziel „zwei bis drei Kilo abnehmen“ reicht schon lange nicht mehr aus.
Überdenken Sie Ihre Kursbezeichnungen
Gehen Sie weg von Kursnamen wie „Seniorenfit“ hin zu „Golden Power“. Entwickeln Sie Namen, die positiv belegt sind, und setzen Sie diese auch mutig ein.
Nehmen Sie die Zielgruppe ernst
Wenn Sie die Zielgruppe ernst nehmen, werden auch Sie mit Ihrem ehrlichen Bestreben und Ihrem echten Interesse von ihr ernst genommen.
Setzen Sie auf Workshops und Ernährungsberatung
Gehen Sie weg vom Aufzählen aller Krankheiten und motivieren Sie die Zielgruppe 50+ zu einer aktiven Lebensführung unter „besonderen Umständen“. Mit Workshops zu zielgruppenrelevanten Themen durch speziell Ausgebildete schaffen Sie Vertrauen und signalisieren das Interesse an dieser Personengruppe.
Wer lesen kann ist klar im Vorteil
Verwenden Sie passende Schriftgrößen und gestalten Sie Ihre Aushänge und Kurspläne in ausreichend großer Schrift, damit sie auch ohne Brille gut lesbar sind.
Warum sind die Hanteln bunt?
Viele Trainierende fragen sich, warum die Hanteln unterschiedliche Farben haben. Dieser „Farbcode“ hilft den älteren Menschen, sich ohne Brille im Kursraum zurechtzufinden. Im besten Fall sind die Codes im Kurs- und Trainingsbereich übereinstimmend. Aus diesem Grund macht es auch Sinn, beide Systeme vom selben Hersteller zu kaufen.
Messbare Erfolge
Im Fokus der Best Ager ist häufig die „Gesundheit“ das bestimmende Thema und der Motivator. Die Körperfettmessung sollte z.B. um die HRV- und Stressmessung ergänzt werden. Ganzheitliche Ansätze und Testings sollten aufgenommen werden, um das Training und die Fortschritte zu dokumentieren.
Easy to use
Der Einsatz von leicht verstellbaren Gewichtsblöcken anstatt Plate-Loaded-Geräten ist zwingend. Niemand möchte Gewichtsplatten schleppen und diese auf- und abstecken. Ein Bereich mit komfortabel und einhändig zu bedienenden Gewichtsblöcken sowie digitalem Zähler erleichtert die Bedienung und lenkt den Fokus auf das Training.
Google liebt sie – vielleicht
Wenn Sie im Internet von der Zielgruppe erreicht werden wollen, denken Sie an eine Optimierung Ihrer SEO-Begriffe. Schreiben Sie redaktionelle Beiträge für Zeitschriften oder Internetseiten über die Gründe Ihres Angebotes und wen Sie damit erreichen wollen.
Ad was ?
Schalten Sie Adwords-Kampagnen auf Facebook. Andere Social-Media-Kanäle werden von dieser Zielgruppe eher nicht beachtet.
Fazit
Nicht weil sie muss, sondern weil sie will, ist diese Zielgruppe so aktiv. Sie ist fester Bestandteil der Gesellschaft und wird zahlenmäßig immer größer. Der alte, gebrechliche Rentner ist bereits lange Geschichte. Diese Gruppe an aktiven Menschen möchte gerne eine ebenso ehrliche wie auf Augenhöhe angesiedelte Angebotspalette vorfinden und nicht aufs Abstellgleis geschoben werden. Individuelle Angebote, Qualität und Ehrlichkeit sichern Ihnen diese Kundenzielgruppe. Es wird Zeit, sie voll zu integrieren und ein umfangreiches Feld an Best-Ager-Angeboten zu schaffen. Sie wird es Ihnen danken.
Marc Rohde
Marc Rohde ist Gründer der Elbsprint – Urban Sports |Coaching | Consulting. Zudem ist er Life Fitness Academy Senior Master Trainer, Business Coach Punk.
Infos: www.elbsprint.de; www.businesscoachpunk.com; www.marc-rohde.de
Literaturverzeichnis:
1 Studie Commerz Finanz GmbH in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen BIPE
2 Heidemann C, Du Y, Scheidt-Nave C (2011) Diabetes mellitus in Deutschland. GBE kompakt 2(3). Robert Koch-Institut (Hrsg), Berlin. www.rki.de/gbe-kompakt (Stand: 13.07.2015)
Brinks R, Tamayo T, Kowall B et al. (2012) Prevalence of type 2 diabetes in Germany in 2040: Estimates from an epidemiological model. Eur J Epidemiol 27(10):791 to 797
Schipf S, Werner A, Tamayo T et al. (2012) Regional differences in the prevalence of known Type 2 diabetes mellitus in 45 to 74 years old individuals: Results from six population-based studies in Germany (DIAB-CORE Consortium). Diabet Med. 29(7):e88 to e95
3 Gemeinschaftsstudie Zeitreise von der A.GE – Agentur für Generationenmarketing und der rtv media group GmbH
4 Quelle: Eurostat
5 Quelle: Aktueller Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018
Foto: LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
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